SVP-Mann Ernst Stocker tritt nochmals für den Regierungsrat an. «Der Entscheid», sagt er, «ist mir nicht leichtgefallen»
Auch die Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli strebt eine weitere Amtszeit an.
Ernst Stocker will es nochmals wissen: Der Zürcher Finanzdirektor wird bei den Regierungsratswahlen 2023 für eine weitere Amtszeit kandidieren. Dies hat die SVP am Donnerstag mitgeteilt.
Damit hat der 66-Jährige den Wunsch seiner Partei erhört. Die SVP hatte bereits im Februar klargemacht, dass sie ihn gerne nochmals ins Rennen schicken würde. Sie betonte damals allerdings auch, dass er das letzte Wort haben werde.
«Der Entscheid ist mir nicht leichtgefallen», sagt Stocker. «Eigentlich bin ich in einem Alter, in dem man sich langsam aus dem Berufsleben zurückziehen kann.»
Sein privates Umfeld, aber auch breite politische Kreise hätten ihn darin bestärkt, noch eine Amtszeit anzufügen. Unter Druck gesetzt, etwa von seiner Partei, habe er sich aber nicht gefühlt. «Ich war im Entscheid frei», sagt Stocker. «Mir war vor allem wichtig, dass meine Familie und insbesondere meine Frau hinter mir stehen können.»
Benjamin Fischer, der Präsident der Zürcher SVP, bestätigt dies. «Ernst Stocker ist ein gestandener Regierungsrat. Womit hätten wir ihn unter Druck setzen sollen? Die Ehefrau hat in diesem Punkt mehr zu sagen als die Partei.»
Stocker sei ein sehr pflichtbewusster Mensch, sagt Fischer. «Er sagt zwar immer, dass der Kanton Zürich nicht gleich untergehen werde, wenn er gehe, aber er wusste auch, dass es in der jetzigen Situation besser für den Kanton und nicht zuletzt auch für die Partei ist, wenn er nochmals antritt.»
Fischer: «Kandidatensuche war früher einfacher»
Der Wädenswiler ist für die SVP ein Garant für Stimmen. 2019 war Stocker der am besten gewählte bürgerliche Regierungsrat, zudem kann er vom Bisherigenbonus profitieren. Er ist allerdings auch das älteste Mitglied der Kantonsregierung, mehr als eine weitere Amtszeit dürfte er wohl nicht absolvieren. Schweizer Regierungsräte sind keine Joe Bidens.
Angesichts seines Alters steht sogar die Frage im Raum, ob Stocker nach der Wiederwahl tatsächlich nochmals vier Jahre im Amt bleibt oder ob er aus taktischen Gründen bereits früher das Feld räumen könnte.
«Für mich ist es klar», sagt er. «Wenn ich antrete, dann verpflichte ich mich für die ganze Legislatur. Was in dieser Zeit dann passiert, ist offen und hängt auch nicht nur von mir ab.»
Sondern zum Beispiel vom Parteivorstand. «Ich bin mir gar nicht sicher», sagt der SVP-Präsident Fischer, «ob eine Ersatzwahl tatsächlich einfacher zu gewinnen ist als eine Gesamterneuerungswahl. Das ist nicht ganz so simpel.» Jemanden in einer Einervakanz zu ersetzen, sei auch kein Spaziergang.
Dass Stocker nur deshalb nochmals antrete, weil der SVP geeignete Kandidatinnen und Kandidaten fehlten, weist Fischer zurück. «Es stimmt zwar, dass die Kandidatensuche auch schon einfacher war, dafür sind wir heute viel aktiver als früher. Insgesamt sind wir viel besser aufgestellt als noch vor ein paar Jahren.»
Die SVP hatte schon 2020 eine ständige Findungskommission unter der Leitung der früheren Regierungsrätin Rita Fuhrer eingesetzt. «Da geht es nicht nur um den Regierungsrat», sagt sie, «sondern um alle wichtigen Ämter, auf Bundesebene wie auf kantonaler Ebene, vom Ständerat bis zum Fraktionspräsidium im Kantonsrat.» Die Kommission sei immer wieder mit Parteimitgliedern im Gespräch, um geeignete Personen für diese Ämter zu identifizieren.
Jemanden für den Regierungsrat zu finden, sei eine besondere Herausforderung, sagt Fuhrer. Dies nicht, weil der Partei die richtigen Leute fehlten, sondern weil das Amt ein hundertprozentiges Engagement verlange.
«Regierungsrat zu werden, heisst, alles andere hinter sich zu lassen. Man kann da nicht noch nebenbei einen Betrieb führen.» Sich auf diesen Weg einzulassen, sei für niemanden einfach. «Erst recht nicht für Personen, die beruflich und privat voll im Saft stehen und engagiert sind.»
«Natalie Rickli hatte keinen einfachen Job»
Während eine erneute Amtszeit Ernst Stockers zuerst auch parteiintern nicht unbedingt gegeben war, war die Frage der zweiten SVP-Kandidatur schnell entschieden. Die 45-jährige Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli stellt sich wieder zur Verfügung.
Sie kann trotz einigen Schnitzern in der Bewältigung der Pandemie insgesamt auf den Rückhalt ihrer Partei zählen. «Natalie Rickli hatte keinen einfachen Job», sagt Rita Fuhrer. «Kaum war sie im Amt, ging es mit Corona los. Niemand wusste damals, wie damit umzugehen sei. Alle Kantone hatten ihre Probleme. Aber sie hat das gut gemacht. Man spürt bei ihr, wie stark sie sich in ihre Themen vertieft hat, sie ist nun ruhig und sicher.»
Alles in allem sieht es derzeit danach aus, dass sämtliche Zürcher Regierungsmitglieder nochmals antreten werden. Carmen Walker Späh (FDP), Silvia Steiner (Mitte), Jacqueline Fehr (SP) und Martin Neukom (Grüne) haben ihre erneute Kandidatur bereits annonciert. Noch nicht geäussert hat sich bis jetzt einzig Mario Fehr (parteilos).
Ausserhalb des Regierungsrats steht bis jetzt nur eine weitere Kandidatur fest: Der Avenir-Suisse-Direktor Peter Grünenfelder will für die FDP einen zweiten Sitz holen. Er müsste dafür aber ein bisheriges Mitglied der Regierung aus dem Amt hieven.
«Diese Ausgangslage motiviert mich umso mehr», sagt Grünenfelder. «Das alleinige Verwalten und Minireformen reichen heute klar nicht mehr. Zürich muss den Mut haben, die Steuerlast für Bürger und Unternehmen in den nächsten Jahren deutlich zu reduzieren.»
Bei der SP und der GLP dürften weitere Nominationen folgen. Die Wahlen sind am 12 Februar 2023.